Die Stimme aus dem Off – „Die Schätze liegen da, wo wir sie heben…“

Die Stimme aus dem Off – „Die Schätze liegen da, wo wir sie heben…“

Eine Traum-Utopie…

In einem meiner Lieder, das den Titel Dein Leben trägt, heißt es so schön
Die Schätze liegen da, wo wir sie heben…“.
Yup, schlau reden konnte ich schon immer gut. Selbst vollkommen danach zu leben, was ich meinen Mitmenschen so an Weisheiten ums Herz schleuder, kann hingegen, zugegebenermaßen, eine echte Herausforderung sein. Ich sage mir die folgenden Worte also auch ein ganz klein bisschen selbst. Ja, auch ich frage mich momentan fast täglich, wie es in Hinblick auf unser aller Zukunft, aus meiner Sicht natürlich im Fokus stehend die der Theater, der Künstler, der ganzen Kleinkunstbranche und auch meine eigene überhaupt weitergehen wird. Klar ist, vorerst anders, als wir das bisher dachten und als wir es bis hierher lebten. Ein Umdenken ist unumgänglich, vielleicht auf lange Sicht, vielleicht vorerst, in jedem Fall am besten seit gestern. Also, worauf warten wir!? Und worauf wartet die Politik mit einer ernstzunehmenden Unterstützung aller Beteiligten!?

Angesichts der politischen Absurdität, sowie des medialen Unsinns in der Berichterstattung darüber und der diesen beiden gegenüberstehenden brutalen, reinen Realität der gesamten Kulturszene, die da draußen gerade toben, wage ich eine Utopie im Sinne meines Programmtitels Und wenn schon…:

Utopie Beginn
Die Kunst weiß sich selbst zu helfen. Deutschlandweit eröffnet jede Stadt und die umliegenden Dörfer, je drei bis fünf Autokinos, die den heimischen Kleinkünstlern eine Freiluft-Bühne bieten. Die Betonung liegt hierbei auf klein. Gefördert werden diese, sowie die Maßnahmen, die dazu nötig sind, durch die Mittel der jeweiligen Länder bzw. Städte, die Schirmherrschaft übernehmen die Bürgermeister und Kulturbeauftragten, in enger und realitätsnaher Zusammenarbeit mit den Künstlern, Theatern und Veranstaltungstechnikern.

Die Bühnen werden regionalen Künstlern zur Verfügung gestellt, die Lokalmatadore der Städte führen durch verschiedene Mix-Abende mit zwei, drei unbekannteren Künstlern, an deren Ende wiederum auf deren Soloabende auf den selben Bühnen hingewiesen wird.
Die Konzerte kosten einen angemessenen Eintritt, der gesamte Sommer wird vollkommen genutzt für diese Aktion, mindestens vier Abende die Woche Programm, an Sonntagen sind mehrere Shows möglich und am Ende jedes Konzerts wird separat um Spenden für den Erhalt der Theater der Stadt gebeten, die eins zu eins an diese weitergeleitet werden. Ein Open-Air-Halligalli a la Autokino-Live also, das die Welt noch nicht gesehen hat!

Jede Stadt erhält, durch die Mithilfe aller, durch Eintrittseinnahmen und Spenden besonders auch großer Institutionen (auch Benefiz-Konzerte für die Kulturszene sind möglich), auf diese Weise ihre Kleinkunstbühnen und Theater, sowie sämtliche daran hängende Arbeitsplätze, also auch die der Künstler, wodurch auch nach Ende der Krise noch die Vielfalt von Musik und Kultur und während dessen vor allem die Existenzen aller gesichert ist (und, damit Menschen, die weniger emotional denken als wir Kreative das auch verstehen, auf diese Weise wäre ebenso Sorge dafür getragen, dass auch die Steuergelder Seitens der 1,2 Millionen Kulturschaffenden, wobei ich mir übrigens nicht mal sicher bin, ob da alle und ich meine wirklich alle einberechnet wurden, weiter in die Staatskassen fließen). Die Menschen unterstützen sich also quasi gegenseitig.
Utopie Ende

P.S. Mir ist bewusst, dass viele Städte, auch Hannover, schon Autokinos aus dem Boden gestampft haben. Das Konzept hinter den Spielplänen ist allerdings noch nicht stimmig und nützt vor allem den örtlichen kleinen Künstlern wie Theatern so gar nichts.

Manche sind das Salz in der Suppe…

Am 07. Mai hätte ich eigentlich in Soest gespielt. Als ich vor drei Jahren zuletzt dort gewesen bin, hatte ich im Anschluss an mein Konzert ein sehr warmes Gespräch mit einem Therapeuten-Paar aus dem Publikum. Die Frau sagte neben vielen berührenden Worten auch folgenden Satz, der mir witziger Weise vor einigen Tagen plötzlich, wie angeflogen, wieder durch den Kopf ging: „Wissen Sie Frau Lübke, manche Menschen sind das Salz in der Suppe und die sind beim restlichen Gemüse nicht sonderlich beliebt.“ Hm – Suppe ohne Salz kann man essen, Möhre, Porree und Kartoffel haben einen sehr leckeren Eigengeschmack. Mit Petersilie verfeinert und vielleicht etwas Chili, schmeckt sie direkt noch besser. Doch der Träger des Geschmacks, das, was den Yummi-Faktor ausmacht, scheint doch die Prise Salz zu sein.
Ohne Salz, bleibt die Suppe zweidimensional. Logisch also, dass das übrige Gemüse darüber nicht sonderlich (Achtung, schlechter Wortwitz!) emüse(d) [amused] ist (harhar! Ja, meine Arbeit fehlt mir sehr, merkt man fast gar nicht, gell!? (Ironie aus!)).

Wir Künstler sind das Salz in der Lebenssuppe vieler, vieler Menschen. Wir machen sie schmackhaft, durch die Tiefe, die wir vorleben und teilen. Das sage übrigens nicht ich, das sind die Vielen Stimmen, die zumindest in meinem Umfeld, immer lauter werden und die ich seit Jahren nach meinen Konzerten höre.
Ohne uns wäre sie essbar, ja, doch wo bliebe der Genuss? In Zeiten der Krise geht es doch nicht um Genuss, sondern ums Überleben, höre ich jetzt Manchen argumentieren. Und ja, das ist was Wahres dran. Es gibt Zeiten, in denen, statt Suppe, heiße, gekörnte Brühe das höchste der Gefühle ist. Doch auch diese enthält ja eine Prise Salz (ich zwinkere dem Leser an dieser Stelle mal liebevoll zu) und, um das Bild noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive zu betrachten, möchte ich doch sehr darum bitten, dass in großer Not am Ausschank einer Suppenküche nicht ausgerechnet der abgewiesen wird, der nicht im glänzenden VW vorfährt…

 

Off-Abenteuer des Tages:

…ist heute eigentlich eher eine kleine und sehr wesentliche Erkenntnis:
Während wir noch und zurecht, schreiend auf dem Boden liegen und trampeln, weil Papa uns nicht hilft, können wir einander schon längst gegenseitig unterstützen.

Die Ideen, auf die wir jetzt nach und nach kommen, liegen ja auch den Menschen aus unseren jeweiligen Publikumskreisen am Herzen. Wer vorher ins Theater kam, der würde, genau wie wir, auch jetzt gerade genau so gerne dorthin gehen. Auch den Menschen fehlen ja die gemeinsamen Abende, also, um den Kreis zu schließen, ganz einfach das Salz. Solch Stimmen haben, wie gesagt, jedenfalls mich schon auf ganz vielen Wegen erreicht und die Kollegen erleben sicher Ähnliches.

Bitte lasst uns gemeinsam Lösungen Dieser Art finden.
Und ja, der größte Verfechter vom Auf-den-Boden-werfen-und-schein bin wohl tatsächlich ich.
Nur sollten wir dort anschließend nicht liegen bleiben. Wir retten die Welt nicht im Liegen.
Also brüllen wir weiter, aber stehen wir dazu endlich auf, wischen uns die Rotze aus dem Gesicht und dann, voll der Wutenergie, stiefeln wir los.
Ich will endlich wieder meiner Liebe, meiner Arbeit nachgehen, die ich seit elf Jahren tue, diese endlich wieder mit den Menschen teilen, mich endlich wieder an sie verschenken können. All das fehlt mir, ihr fehlt mir!
Denn eine Welt ohne all die liebevoll geführten Theater und Kleinkunstbühnen, ohne ihre herzlichen Betreiber und  deren Teams, ohne die Künstler, die sie mit ihrer Musik, ihrem Humor und ihrem Hinterfragen dieser Welt und ohne die Menschen im Saal, die diesen mit ihrem Lachen, ihren Tränen, ihrem Nachdenken und Schrein füllen, eine solche Welt möchte ich mir in meinem schlimmsten Albtraum nicht vorstellen. Und schon gar nicht, solange es Möglichkeiten gibt und die gibt es ja, um all das zu umgehen.

Wir können die Kunst erhalten, es gibt Wege, die das ermöglichen. Wir müssen sie nur gehen.
Und wie war das!? Ach ja – Die Schätze liegen da, wo WIR sie heben…